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Taschenuhren - Rendite nur mit der ­Spitzenliga

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Diese Uhr wurde wohl nicht unbedingt für die Westentasche gebaut: Die astronomische Goldsavonette »Grande Complication« von Union Glashütte aus dem Jahr 1896 wiegt rund 400 Gramm und dürfte damit die schwerste jemals in Sachsen hergestellte Taschenuhr sein. Seit Ende 2010 hat sie einen neuen Besitzer. Er zahlte auf einer Auktion von Dr. H. Crott 341.000 Euro für den gewichtigen und komplizierten Zeitmesser. Wem nicht der Sinn nach musealen Uhren steht, kann auch für zeitgenössische Stücke viel Geld ausgeben. Die Waltham Vanguard zum Beispiel ist eine gelungene Fusion von Uhrmacherkunst und edelstem Schmuckdesign. Diamanten und Saphire zieren diese Taschenuhr in einem Gehäuse aus 18-karätigem Gelbgold. Wer sich die Vanguard für sein Uhren-Portfolio sichern möchte, muss umgerechnet etwa 49.500 Euro investieren.

Spektakuläre Preisentwicklung bei Taschenuhren

»Der Fokus lag lange Zeit auf Armbanduhren, doch wirklich spektakulär ist die Preisentwicklung bei Taschenuhren«, weiß Stefan Muser, Inhaber des Mannheimer Auktionshauses Dr. Crott. Das erstaunt im ersten Moment sogar Branchenkenner, denn in den vergangenen Jahren spielten Taschenuhren nur eine Nebenrolle. »Preise, wie sie noch vor 25 Jahren bezahlt wurden, lassen sich heute nicht mehr annähernd erzielen«, berichtet Thomas Eder vom Münchner Fachgeschäft Antike Uhren Eder. Angesichts des niedrigen Preisniveaus hätten Sammler kein Interesse daran, sich von ihren Uhren zu trennen. Julien Schaerer, Managing Director des Genfer Auktionshauses Antiquorum, berichtet ebenfalls von einer »seit zehn Jahren sinkenden Nachfrage nach Taschenuhren«.

Sehr gute Auktionsergebnisse für außergewöhnliche Taschenuhren

Der scheinbare Widerspruch lässt sich einfach auflösen. Während die Preise für Zeitmesser im unteren und mittleren Segment deutlich gesunken sind, sorgt vor allem das Interesse solventer Sammler aus China für atemberaubende Wertsteigerungen bei sehr komplizierten Taschenuhren. »In einigen Fällen haben sich die Preise in den letzten vier Jahren fast verdreifacht«, sagt Auktionator Stefan Muser. Doch eine normale Dreizeiger-Uhr im 14-karätigen Goldgehäuse findet kaum die Gnade der anspruchsvollen Sammler und Investoren aus Asien. Es sollte schon etwas ganz Besonderes sein. Ganz oben auf der Wunschliste stehen zum Beispiel Uhren mit Schlagwerk – im Idealfall eine Minutenrepetition (siehe Info-Kasten) – oder Musikwerk. Auch Email-Taschenuhren seien gefragt, berichtet Julien Schaerer von Antiquorum: »Außergewöhnliche Taschenuhren bringen in der Regel sehr gute Auktionsergebnisse«.

Werttreiber Marke und mechanische Finessen

Aber natürlich kommt es auch darauf an, welche Signatur auf dem Zifferblatt prangt. Marken wie Piguet Meylan und Freres Rochat sind wegen ihrer Schönheit und der Qualität ihrer Werke besonders gefragt. Bei seltenen Spitzenstücken von A. Lange & Söhne oder Patek Philippe habe sich der generelle Preisrückgang im Bereich der Taschenuhren nicht bemerkbar gemacht, stellt Thomas Eder fest. Darüber hinaus entscheiden die mechanischen Raffinessen über den Wert. Neben den begehrten Taschenuhren mit Repetition oder Musikwerk stehen klassische Komplikationen für luxuriöse Zeitmesser hoch im Kurs, zum Beispiel der Ewige Kalender und das Tourbillon. »Was die Komplikationen angeht, tendiert Patek Philippe noch immer zur Marktführerschaft«, fügt Julien Schaerer hinzu.

Der erste Eindruck zählt

Um Spitzenpreise zu realisieren und Anlegern eine interessante Rendite zu sichern, muss die Taschenuhr aber noch eine Reihe weiterer Qualitätskriterien erfüllen. Nur wenn sich das Gehäuse in erstklassigem Zustand befindet, wird die Uhr einen attraktiven Preis erzielen. »Wie im Leben zählt der erste Eindruck. Beschädigungen, die auf den ersten Blick zu erkennen sind, wirken sich sehr stark auf den Verkauf aus«, stellt Günter Eichberger fest. Der Uhrenexperte des Wiener Auktionshauses Dorotheum gibt weitere Tipps für den Kauf hochwertiger alter Taschenuhren: »Ein funktionierendes Uhrwerk ist Bedingung. Und natürlich sollte das Zifferblatt makellos sein. Immerhin handelt es sich um die »Visitenkarte« einer Uhr.«

Der Sammlermarkt ist selektiver geworden

Auch die Wiener Experten berichten über einen Trend hin zu wirklich alten Taschenuhren, vor allem aus dem frühen 18. Jahrhundert, mit Werken von bekannten Uhrmachern und innovativen Erfindungen. Günter Eichberger rät von falschen Kompromissen ab: Nur Topstücke erreichten Toppreise. »Insgesamt ist der Sammlermarkt selektiver geworden. Uhren, die in den erwähnten Qualitätskriterien – also Aussehen, Funktion des Werkes und Zustand des Zifferblatts – keine Höchstnoten erzielen, werden vom Markt nur mehr sehr bedingt angenommen.«

Auch die zweite Reihe kann profitieren

Immerhin könnten von dem starken Interesse an hochwertigen alten Taschenuhren später auch die Zeitmesser in bezahlbareren Preiskategorien profitieren. Davon ist der Münchner Uhrenexperte Thomas Eder überzeugt: »Taschenuhren werden früher oder später wieder attraktiver werden. Denn wer sich mit diesem Thema etwas beschäftigt, wird recht schnell fasziniert sein von dieser Technik und Geschichte.« Schließlich gab es Zeiten, in denen der deutschen Kaiser höchstselbst einigen handverlesenen ausländischen Gästen und Gastgebern hochwertige Uhren aus Glashütte überreichte. Bei seinem Besuch in Konstantinopel im Jahr 1898 etwa beglückte Kaiser Wilhelm II. den osmanischen Sultan mit einer bei A. Lange & Söhne gefertigten Taschenuhr.

Investmentkompass

Differenzierte Preisentwicklung
Taschenuhren im unteren oder mittleren Preissegment sind als Kapitalanlage weitgehend ungeeignet. Wertsteigerungspotenzial weisen aber Taschenuhren mit einer Vielzahl von technischen Finessen (Komplikationen) auf. Absolutes Highlight ist dabei die Minutenrepetition (siehe Kasten »Kleines Taschenuhren-Glossar«. Gefragt sind ferner Email-Taschenuhren, außerdem sollte eine Signatur des Herstellers auf dem Zifferblatt prangen.

Bekannte Namen
Zu den Klassikern zählen Taschenuhren von A. Lange & Söhne oder Patek Philippe. Von Sammlern geschätzt werden ferner die Marken Piguet Meylan und Frères Rochat.

Erhaltungszustand zählt
Das Uhrwerk muss einwandfrei funktionieren, und das Zifferblatt sollte makellos sein. Nur dann lassen sich Taschenuhren zu guten Preisen verkaufen.

Kleines Taschenuhren-Glossar
Lépine-Gehäuse
: offene Taschenuhr, ohne Sprungdeckel.
Savonette
: Taschenuhr mit Sprungdeckel und Krone bei »3-Uhr«.
Halbsavonette
: Savonette mit Sichtfenster im Sprungdeckel.
Linie (auch Pariser Linie oder Ligne)
: altes französisches Maß, häufig bei der Werkbeschreibung von Uhren anzutreffen; 1 Linie = 2,256 mm.
Minutenrepetition
: Schlagwerk in einer Uhr, das auf Abruf die vergangenen Stunden, Viertelstunden und Minuten schlägt.
Viertelstundenrepetition
: Schlägt die vergangenen Stunden und Viertelstunden (Beispiel: Es ist 11.50 Uhr, das Werk schlägt 11 Mal die vergangenen Stunden und 3 Mal die vergangenen Viertelstunden).

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