Schmuck - Nur Edles und Seltenes zählt
Wer in Schmuck investiert, muss mit Überraschungen leben. Manchmal mit höchst angenehmen, bisweilen aber auch mit enttäuschenden. Ende des Jahres 2009 – also mitten in der Finanzkrise – wechselte ein Rubin-Collier der schottischen Herzogin von Roxburgh für fast vier Millionen Euro den Besitzer. Für diese Preziose aus der Belle Epoque wurde somit das Fünffache des Schätzpreises gezahlt. Ein Jahr später versteigerte das Auktionshaus Sotheby’s in London ein Armband von Cartier, das mit Onyx und Diamanten einen Panther darstellte. Es gehörte einst der Herzogin von Windsor. Der geschätzte Marktwert lag zwischen 1 und 1,5 Millionen Pfund, also 1,27 bis 1,9 Millionen Euro. Doch der Zuschlag erfolgte erst bei spektakulären 4.521.250 Pfund (circa 5,76 Millionen Euro).
Sissis Diamantsterne blieben unverkauft
Aber es gibt auch andere Beispiele – deprimierende aus Sicht der Verkäufer. Große Hoffnungen machte sich zum Beispiel eine Sammlerin, als sie sich vor einiger Zeit von einem jener Diamantsterne trennen wollte, die einst die österreichische Sissi im Haar trug. Bei einer so prominenten Vorbesitzerin, so das Kalkül der Verkäuferin, müsste doch ein höchst attraktiver Preis zu erzielen sein. Doch Sissis Sternchen sollte sich als Ladenhüter erweisen. Niemand gab ein Gebot ab. Ähnliche Erfahrungen machte ein Mann aus dem Rheinland, der einen kostbaren Smaragdring seiner verstorbenen Mutter zu Geld machen wollte.
Selbstbewusst suchte er ein renommiertes Auktionshaus auf und legte der dortigen Schmuckexpertin das gute Stück samt einem Gutachten von einem Goldschmied vor, der den Wert des Rings auf 10.000 Euro geschätzt hatte. Doch dann erfuhr er, dass der Ring lediglich zwischen 3.500 und 6.000 Euro wert war. Aber selbst zu diesem Preis wollte ihn in der Auktion niemand kaufen. Erst im Nachverkauf meldete sich ein Interessent und legte 3.300 Euro auf den Tisch.
Unberechenbare Schmuckinvestments
Diese Fälle zeigen exemplarisch, wie unberechenbar ein Schmuck-Investment ist. In edlem Schmuck steckt viel Handarbeit, die natürlich bezahlt werden muss. Gute Wiederverkaufspreise lassen sich daher nur erzielen, wenn man auf einen Liebhaber trifft, der Gefallen an dem Schmuckstück findet und von der Qualität der Edelsteine ebenso überzeugt ist wie von der Arbeit des Goldschmieds oder Schmuck-Designers. Ob sich das Geschmeide und der edle Ring letztlich als werthaltig erweisen oder im Idealfall sogar an Wert gewinnen, hängt somit nicht zuletzt von modischen Zyklen ab. In den 1970er- und 1980er-Jahren lag zum Beispiel Schmuck aus dem Jugendstil stark im Trend. In den 1990er-Jahren wurde Biedermeier bevorzugt, aktuell stehen Art déco und Belle Époque hoch im Kurs. Was in zehn oder 20 Jahren en vogue sein wird, können selbst erfahrene Schmuckexperten nicht voraussehen. Wüssten es die Juweliere, würden sie die jeweiligen Schmuckstücke sofort für sich behalten, sagt der Sachverständige Heinrich Butschal augenzwinkernd. Wer also Schmuck in erster Linie unter dem Aspekt der Kapitalanlage kauft, handelt sehr spekulativ – ähnlich wie ein Kunst-Investor, der ebenfalls nicht wissen kann, welcher junge Künstler von heute in ein paar Jahren gefragt sein wird.
Barren oder Geschmeide?
Schmuck soll getragen werden und die Besitzerin oder den Besitzer erfreuen. Denn: Schmuck soll schmücken – und manchen Zeitgenossen dient er vielleicht auch ein wenig zum Protzen. Um aber später einen guten Verkaufspreis zu erzielen, darf man den Schmuck eigentlich gar nicht tragen. Ähnliches gilt übrigens für Uhren. Denn spätestens unter der Super-Lupe von Schmuckexperten werden die wertmindernden Spuren des häufigen Tragens offenbar. Die Diamant-Baguettes des Rings mögen hinsichtlich ihrer Farbe und Reinheit von noch so hoher Qualität sein, weisen die Edelsteine aber leichte Absplitterungen auf, wirkt sich dies preismindernd aus.
Ist von einem Schmuck-Investment abzuraten?
Tipps für Schmuckanleger
Wer dennoch sein Geld in Schmuck anlegen möchte, sollte die folgenden goldenen Tipps beachten:
- Schmuck ist ein Investment für Liebhaber. Nur wenn das gute Stück wirklich gefällt und es getragen werden soll, kommt ein Kauf in Betracht. Der Aspekt der Geldanlage darf immer nur eine Nebenrolle spielen. Denn wie gesagt: Wer nur auf Werterhalt und -steigerung setzt, fährt besser, gleich Edelmetallbarren oder -münzen zu erstehen.
- Auf die Qualität des Edelmetalls und der Steine achten. Reines Gold (24 Karat) lässt sich in der Regel nicht zu Preziosen verarbeiten. Mithin wird Schmuck aus Goldlegierungen gefertigt. Schmuck aus 14- oder gar nur aus 8-karätigem Gold eignet sich nicht als Kapitalanlage. Der Investor sollte 18-karätiges Gold vorziehen. Für die verarbeiteten Diamanten oder Farbedelsteine gelten die in den entsprechenden Kapiteln des vorliegenden Buches genannten Qualitätskriterien. Und natürlich sollten für diese Steine entsprechende Expertisen vorliegen.
- Für historischen Schmuck gilt: Große Namen wirken sich potenziell wertsteigernd aus. Dazu gehören der Email-Künstler René Lalique aus dem Jugendstil sowie Juweliere des Art déco wie etwa Mauboussin, Boucheron, Van Cleef & Arpels und Cartier.
- Gefragt sind in erster Linie Colliers, Armbänder und Ringe, Broschen stehen derzeit nicht sonderlich hoch im Kurs.
- Man sollte das Schmuckstück im wahrsten Sinne des Wortes unter die Lupe nehmen – am besten bei zehnfacher Vergrößerung. Nicht vergessen: Auch die Rückseite anschauen, denn dort sind Schlampereien bei der Verarbeitung am schnellsten auszumachen. Ein wertvolles Schmuckstück sollte selbst an jenen Stellen hervorragend verarbeitet sein, die man beim Tragen nicht sieht.
- Grundsätzlich nur bei renommierten Juwelieren oder in anerkannten Auktionshäusern kaufen (siehe Tipps im Investmentkompass am Ende dieses Kapitels). Bei hochkarätigem Schmuck sollten Expertisen und Wertgutachten anerkannter Experten beigefügt sein.
- Werthaltig sind Hochwertiges und Seltenes, also Schmuck, der nicht beliebig vermehrbar ist.
Schnäppchen im Auktionshaus
Nicht zuletzt entscheidet naturgemäß der Einstandspreis über das Wertsteigerungspotenzial. Wie gesagt, ist der Kauf bei einem seriösen Juwelier zu empfehlen, um auf keine Fälschungen hereinzufallen. Doch Wertsteigerungen sind in diesem Fall eher schwierig, denn als Kunde muss man die Händlermarge plus Mehrwertsteuer zahlen. Eine Alternative stellt der Kauf in einem Auktionshaus dar. Vor allem im Nachverkauf, wenn keine Gebote mehr möglich sind, ergeben sich hin und wieder fast schon Schnäppchen, wie im Fall des eingangs erwähnten Smaragdrings. Allerdings bedarf es eines hohen Maßes an Know-how, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Ansonsten aber gilt: Wer Schmuck verstärkt unter dem Aspekt der Geldanlage kaufen möchte, muss schon etwas tiefer in die Tasche greifen. Schmuckstücke mit Wertsteigerungspotenzial haben meist vier- oder gar fünfstellige Preise.
Investmentkompass
In was investieren?
Als Kapitalanlage besonders geeignet sind natürlich Schmuckstücke international renommierter Juweliere wie Cartier, Van Cleef & Arpels oder Bulgari. Allerdings ist hier der Einstiegspreis entsprechend hoch und es kann sehr lange dauern, bis eine Wertsteigerung eintritt. Die Schmuckstücke sollten von zeitlosem Design sein.
Wertermittlung
Bei Schmuck gibt es keine objektive Bewertbarkeit. Somit entscheiden die subjektiv empfundene Schönheit und der individuelle Wert über den Preis. Das macht ein Schmuckinvestment schwer berechenbar.
Wie viel investieren?
Experten vertreten die Meinung, erst ab einem Schmuckstück mit einem Marktwert von über 7.000 Euro könne man von einer Geldanlage sprechen. Der Schmuckanteil im Vermögens-Portfolio sollte etwa fünf bis maximal 10 Prozent nicht übersteigen.
Auktionshäuser
Neben den internationalen Adressen Christie’s und Sotheby’s sind im Bereich Schmuck unter anderem Bonhams, Van Ham, Koller, Henry’s und Eppli sowie in Österreich das Dorotheum zu empfehlen.